In der politischen Debatte, aber auch gesamtgesellschaftlich hat das Thema Nachhaltigkeit bereits seit einigen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Auch in Unternehmen und im Hinblick auf Geschäftsmodelle spielt die Berichterstattung über ESG-Aspekte (Environmental, Social, Governance) eine zentrale Rolle. Daher hat sich die EU-Kommission zum Ziel gesetzt, Vorreiter im Bereich der Bereitstellung aussagekräftiger und qualitativ hochwertiger Nachhaltigkeitsinformationen zu werden.
Bereits am 21.04.2021 hat die EU-Kommission ihre Vorschläge zur Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung per Richtlinienentwurf veröffentlicht. Nach kontroversen Diskussionen wurde am 21.06.2022 ein politischer Kompromiss für eine Corporate Sustainability Reporting Directive (kurz: CSRD) im Rahmen der sog. Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Europäischem Parlament und Europäischem Rat erzielt. Diesem Kompromiss stimmten am 10.11.2022 das Europäische Parlament und am 28.11.2022 der Europäische Rat offiziell zu.
Was versteht man unter CSRD?
Die Richtlinie (EU) 2022/2464 zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) wurde in ihrer finalen Fassung am 16.12.2022 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und trat am 05.01.2023 in Kraft. Die CSRD löst die bisherige CSR-Richtlinie 2014/95/EU ab und ändert inhaltlich insbesondere die Bilanzrichtlinie 2013/34/EU. Die neue Richtlinie muss von den Mitgliedstaaten der EU – also auch von Deutschland – bis spätestens zum Juli 2024 in nationales Recht umgesetzt werden.
Für welche Unternehmen gilt die CSRD Richtlinie?
Mit der CSRD wird der persönliche Anwendungsbereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung massiv ausgeweitet. Nach Art. 19a Abs. 1 der überarbeiteten Bilanzrichtlinie sind nunmehr folgende Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet:
- Alle großen haftungsbeschränkten Unternehmen (d.h. Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften) in der EU;
- Alle großen Versicherungsunternehmen und Kreditinstitute in der EU (rechtsformunabhängig);
- Alle kapitalmarktorientierten Unternehmen in der EU (auch mittelgroße und kleine), mit Ausnahme von Mikro-Unternehmen;
- Drittstaatenunternehmen mit > 150 Mio. Euro Nettoumsatz in der EU in den beiden letzten Geschäftsjahren mit (a) mindestens einem großen oder kapitalmarktorientierten Tochterunternehmen in der EU oder (b) einer Zweigniederlassung in der EU mit > 40 Mio. EUR Nettoumsatz im letzten Geschäftsjahr;
- Drittstaatenemittenten im Anwendungsbereich der CSRD, deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt in der EU zugelassen sind.
Als große Unternehmen gelten dabei Unternehmen, die an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen mindestens zwei der drei folgenden Größenmerkmale überschreiten:
- Bilanzsumme von 20 Mio. EUR
- Umsatzerlöse von 40 Mio. EUR in den 12 Monaten vor dem Abschlussstichtag
- 250 Mitarbeiter im Jahresdurchschnitt.
Analoge Anpassungen gelten für die Berichterstattung auf Konzernebene, wobei v.a. im Konzernverbund aber auch bestimmte Befreiungsmöglichkeiten gelten.
Wer ist von der Berichtspflicht befreit?
Die CSRD eröffnet die Möglichkeit, Tochterunternehmen von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu befreien. Voraussetzung hierfür ist, dass das zu befreiende Tochterunternehmen:
- in den Konzernlagebericht des Mutterunternehmens einbezogen wird,
- der Konzernlagebericht einen richtlinienkonformen Konzernnachhaltigkeitsbericht enthält und
- das befreite Tochterunternehmen in seinem eigenen Lagebericht bestimmte Informationen bereitstellt (u.a. Name und Sitz des Mutterunternehmens, Weblinks zum Konzernlagebericht des Mutterunternehmens, Hinweis auf die Inanspruchnahme der Befreiung).
Die Befreiungsmöglichkeiten gelten jedoch nicht für große Unternehmen von öffentlichem Interesse. Zudem hat ein Mutterunternehmen, das einen befreienden Konzernnachhaltigkeitsbericht erstellt, etwaige erhebliche Unterschiede zwischen nachhaltigkeitsbezogenen Risiken oder Auswirkungen des Konzerns und denen eines oder mehrerer Tochterunternehmen im Konzernnachhaltigkeitsbericht abzubilden.
Für Tochterunternehmen eines Drittstaatenunternehmens gelten vergleichbare Befreiungsmöglichkeiten.
Inwiefern sind kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) betroffen?
Zunächst einmal gelten die Vorgaben der CSRD nur für kapitalmarktorientierte KMU. Für diese besteht zum einen die Möglichkeit, für einen Übergangszeitraum von zwei Jahren auf die Angabe der neuen Berichtspflichten zu verzichten (sog. Opt-out-Regelung). Allerdings müssen sie in solchen Fällen kurz in ihrem Lagebericht angeben, warum die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht vorgelegt wurde. Zum anderen sehen die Regelungen der CSRD verminderte Angabepflichten für KMU in verschiedenen Bereichen der Nachhaltigkeitsberichterstattung vor.
Es wird jedoch erwartet, dass auch nicht kapitalmarktorientierte KMU aufgrund der Ausstrahlungswirkung der allgemeinen Angabepflichten zu Wertschöpfungs- und Lieferketten in der CSRD bestimmten impliziten Berichtspflichten unterworfen sein werden. Grund hierfür ist, dass berichtspflichtige Unternehmen die in ihren Nachhaltigkeitsberichten anzugebenden Daten teilweise von ihren eigentlich nicht berichtspflichtigen Zulieferern etc. abfragen und damit faktische Berichtspflichten schaffen werden.