ESG-Daten: Schlüssel zur Nachhaltigkeit

Veröffentlicht 31. Aug. 2023  | 5 Min. Lesezeit
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    Dr. Christian Maier

Hitzewellen, Überschwemmungen, Biodiversitätsverlust – die vielfältigen negativen Auswirkungen des globalen Klimawandels haben das Thema Nachhaltigkeit in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus von Politik, Gesellschaft und Unternehmen gerückt. Um die notwendige Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu beschleunigen, sollen Kapitalströme künftig gezielt in Unternehmen gelenkt werden, die verantwortungsvoll im Hinblick auf Umwelt-, Sozial- und Governanceaspekte (ESG) agieren und ESG-Compliance vorweisen können.

 

Das Prüfen und Bewerten von ESG-Daten

Messbar wird die ESG-Performance von Unternehmen hierbei ähnlich wie in der Finanzberichterstattung anhand verschiedenster Indikatoren und Kennzahlen, deren Offenlegung unter anderem dem wachsenden Bedürfnis der Stakeholder nach Transparenz und Vergleichbarkeit Sorge tragen soll. Um die Qualität und Reliabilität von ESG-Daten sicherzustellen, wird mit dem Anwendungsbeginn der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) die inhaltliche Prüfung des Nachhaltigkeitsberichts und der darin enthaltenen Datenpunkte für die betroffenen Unternehmen EU-weit zur Pflicht. Die Einführung entsprechender Prozesse stellt viele dieser Unternehmen aktuell vor große Herausforderungen – schließlich müssen ESG-Daten ebenso wie ihr finanzielles Pendant bestimmte grundlegende Voraussetzungen erfüllen, um der Prüfung durch den Prüfer standzuhalten.

 

Was sind ESG-Daten?

ESG-Daten spielen eine zentrale Rolle für die Nachhaltigkeit von Unternehmen. Sie dienen als Grundlage für Nachhaltigkeitsstrategien, für die Erstellung von ESG-Berichten und für die Bewertung von Unternehmen durch Rating-Agenturen. Das Spektrum der ESG-Daten umfasst alle Kennzahlen, die einen Einblick in die Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens oder einer Anlage geben. Dabei kann es sich um historische, aktuelle oder für die Zukunft erwartete Daten handeln.

 

Wesentlichkeitsanalyse: Ausgangspunkt für eine systematische Datenerhebung

In Anbetracht der Vielfalt und Komplexität von ESG-Themen stellt sich zunächst die Frage, welche ESG-Daten konkret erhoben werden sollen. Gemäß dem neuen europäischen Rahmenwerk für Nachhaltigkeitsberichterstattung, den European Sustainability Reporting Standards (ESRS), sollte ein Unternehmen sich auf diejenigen Kennzahlen konzentrieren, die im Hinblick auf die individuellen nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen als wesentlich eingestuft wurden. Zur systematischen Ermittlung dieser Auswirkungen, Risiken und Chancen schreiben die ESRS eine Wesentlichkeitsanalyse nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit (Wesentlichkeit der Auswirkungen und finanzielle Wesentlichkeit) vor. Es empfiehlt sich, gleich zu Beginn des Berichterstattungsprozesses besonderes Augenmerk auf ebendiese Wesentlichkeitsanalyse zu legen, da deren Vorbereitung, Durchführung und Auswertung bereits Gegenstand der Prüfung sind und die zugrundeliegenden Abläufe und Entscheidungen daher so robust und nachvollziehbar wie möglich dokumentiert sein sollten.

Hinweis: Alles, was Sie zur Erstellung einer Wesentlichkeitsanalyse wissen müssen, lesen Sie in unserem Blogbeitrag 4 Schritte, um eine ESG-Strategie mithilfe einer Wesentlichkeitsanalyse zu entwickeln.

 

Herausforderungen bei Qualität und Verfügbarkeit von ESG-Daten

Ist die Anzahl und Art der zu erhebenden Daten einmal definiert, so stellen die Datenverfügbarkeit und deren Qualität für viele Unternehmen die größte Hürde dar. Gerade Unternehmen mit einem ausgedehnten Niederlassungsnetzwerk und vorwiegend dezentralen Strukturen können zum heutigen Zeitpunkt gemeinhin nicht davon ausgehen, dass die erforderlichen Daten in vollem Umfang und der notwendigen Qualität geliefert werden. Zudem müssen ESG-Daten – anders als Finanzdaten, für deren Erhebung üblicherweise die Controlling-Abteilung die zentrale Verantwortung trägt – aufgrund der hohen Bandbreite an verschiedenen Themen, die sie abdecken, meist aus unterschiedlichen Quellen und Abteilungen eines Unternehmens zusammengetragen werden. Andere Datenpunkte, etwa Scope-3-Emissionen, werden in der Praxis aufgrund ihrer hohen Komplexität teilweise auf Basis von Schätzungen berechnet, deren zugrundeliegenden Annahmen und Parameter auch zunächst definiert und validiert werden müssen. All diese Aspekte, die die Komplexität der Datensammlung zusätzlich erhöhen, führen zwangsläufig zu einer erhöhten Fehleranfälligkeit und erschwerten Prüfbarkeit der Angaben.

 

Erhöhung der Prüffähigkeit durch systemgestützte Datenerhebung

Getrieben durch die weitreichenden Entwicklungen der vergangenen Jahre im Bereich Corporate Sustainability Reporting – zu nennen sind hier etwa die CSRD, die EU-Taxonomieverordnung oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) – etablieren sich am Markt derzeit immer mehr Lösungen für eine systemgestützte Datenerhebung. Die Implementierung einer geeigneten Softwarelösung zur Sammlung, Berechnung und Konsolidierung von ESG-Daten, möglichst bereits zu Beginn des Berichterstattungsprozesses, bringt hierbei zahlreiche Vorteile mit sich. So wird durch die bestenfalls begleitete konzernweite Ausrollung der Software beispielsweise sichergestellt, dass den Daten robuste und belastbare Prozesse zugrunde liegen und alle relevanten Informationen an einem zentralen Ort zusammenlaufen. Idealerweise lassen sich an dieser Stelle für bestimmte Datenpunkte auch Schnittstellen zu anderweitig verwendeten IT-Systemen realisieren, wodurch zumindest für einen Teil der Daten eine zuverlässige und automatisierte Erhebung problemlos gewährleistet werden kann.

Weiterhin lassen sich Vorjahresvergleiche, die mit Anwendungsbeginn der ESRS für alle quantitativen Parameter und Geldbeträge verpflichtend angestellt werden müssen, deutlich unkomplizierter und zuverlässiger realisieren. Gleiches gilt für die Überprüfung, Plausibilisierung und Konsolidierung der Daten. Im Hinblick auf die Prüfung leistet die Verwendung einer Software zur Datenerfassung demnach einen entscheidenden Beitrag zur Erhöhung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Daten und wird daher auch aus Sicht des Wirtschaftsprüfers gemeinhin als sinnvoll und gewinnbringend eingestuft.

 

Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Prüfbarkeit von ESG-Daten

Vor allem für Daten, bei denen eine automatisierte Erhebung nicht oder nur schwer realisierbar ist, sollten neben der Einführung einer ESG-Software weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Datenqualität und Prüfbarkeit ergriffen werden. Schließlich nützt die beste Softwarelösung nur wenig, wenn die Datenerhebung selbst nicht sachgemäß durchgeführt wird und so zwangsläufig zu fehlerhaften und unzuverlässigen Ergebnissen führt. Daher empfiehlt es sich etwa, zu Beginn zentrale Verantwortliche zu bestimmen, die den Datensammlungsprozess überwachen und koordinieren sowie als Ansprechpartner für die Prozessbeteiligten zur Verfügung stehen.

Hierbei ist es besonders wichtig, alle Beteiligten für den Anlass, das Ziel und den Nutzen der Datenerhebung zu sensibilisieren. Um einen Austausch zu ermöglichen und die Datensammlung fachlich zu begleiten, kann etwa ein regelmäßig stattfindendes Format oder ein separater Kanal eingerichtet werden, der gleichzeitig als Medium zur Qualitätssicherung und zum Tracking des Fortschritts bei der Datenerhebung genutzt werden kann. Zudem sollte eine regelmäßige systematische Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Datenerhebungsprozesse sichergestellt werden, um Schwachstellen und Probleme frühzeitig identifizieren und beheben zu können.

ESG-Daten Qualität verbessern

Fazit

ESG-Compliance wird immer wichtiger, um den vielfältigen Anforderungen der Stakeholder gerecht zu werden und die zahlreichen regulatorischen Anforderungen prüfsicher zu erfüllen. Systemgestützte Datenerhebung und gezielte Maßnahmen zur Datenqualitätssicherung sind entscheidend, um eine gesetzeskonforme und aussagekräftige ESG-Berichterstattung zu gewährleisten und langfristige Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

 

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    Dr. Christian Maier

    Dr. Christian Maier ist Partner und Leiter des Bereichs Sustainability Services bei Rödl & Partner. Als Prüfer und Berater hat er jahrelange Erfahrung in der Begleitung kapitalmarktorientierter und mittelständischer Unternehmensgruppen. Im Fokus steht dabei die Einführung von Reporting-Standards im Bereich Rechnungslegung und Nachhaltigkeit sowie die Optimierung und Digitalisierung von Reporting-Prozessen in internationalen Konzernen.