ESEF für ESG – Was nun auf europäische Unternehmen zukommt

Veröffentlicht 21. Mai 2024  | 4 Min. Lesezeit
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    Jelmer Nutma

    Senior Manager, PAS Financial Advisory GmbH

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    Mirjam Schuchardt

    Senior Consultant, PAS Financial Advisory GmbH

Ende Dezember 2023 wurde ein erster Teil der ESRS (European Sustainability Reporting Standards) im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die ESRS bilden das Rahmenwerk für die Erfüllung der Anforderungen und Verpflichtungen gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Bezug auf die Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Dieses Gesamtrahmenwerk der ESRS soll in die ESEF-Verordnung (European Single Electronic Format) integriert werden. Dadurch müssen Unternehmen bald nicht nur die finanzielle Berichterstattung mit sogenannten Tags auszeichnen, sondern auch die nicht-finanzielle Berichterstattung.

In unserem Blog behandeln wir die praktischen Auswirkungen, Erfahrungen beim Auszeichnen der finanziellen Berichte sowie den aktuellen Stand der Gesetzgebung.

 

ESRS und ESEF – eine neue Dimension

Der Nachhaltigkeitsbericht nach der CSRD-Richtlinie ist von kapitalmarktorientierten Unternehmen erstmals für Geschäftsjahre zu erstellen, die am oder nach dem 01.01.2024 beginnen. Zudem findet auch die EU-Taxonomie-Verordnung Anwendung auf die nicht-finanzielle Berichterstattung. Des Weiteren wird die Anwendungspflicht dieser Regelungen in den folgenden Geschäftsjahren sukzessive auf einen umfassenderen Kreis an Unternehmen ausgeweitet.

Die ersten verabschiedeten ESRS regeln die Anforderungen an die ESG-Offenlegung wie folgt:

ESRS Anforderungen an ESG-Offenlegung

Es ist weiterhin vorgesehen, dass der Nachhaltigkeitsbericht in der ESEF-Verordnung verankert wird. Dies hat zur Folge, dass der Nachhaltigkeitsbericht im XBRL-Format unter Zuordnung sogenannter Tags erstellt werden muss. Das Tagging ermöglicht anschließend die digitale Auswertbarkeit (Maschinenlesbarkeit) der Nachhaltigkeitsberichte und soll deren Vergleichbarkeit, Lesbarkeit und Analyse verbessern. Die Zuordnung der Tags zu den jeweiligen Berichtselementen erfolgt auf Basis einer von der EFRAG entwickelten ESRS-Taxonomie entlang der entsprechenden Standards.

 

Synergien nutzen – Erfahrungen aus den vergangenen Jahren

Das Erstellen von Veröffentlichungen im XBRL-Format inklusive Tagging ist keine Neuheit in der Welt der Berichterstattung. Bereits seit dem Geschäftsjahr 2020 müssen börsennotierte Unternehmen ihre Finanzberichte im ESEF-Format inkl. Tagging erstellen.

Basierend auf der ESEF-Beratung zahlreicher Unternehmen seit der Vorbereitungsphase 2019, haben wir einige Erfahrungen mit dem Tagging von Jahresfinanzberichten gesammelt. Folgende Erkenntnisse sollten unseres Erachtens auch für die Anwendung von ESEF auf den Nachhaltigkeitsbericht relevant und hilfreich sein:

  • Bereits die Umsetzung des Taggings der Anhangangaben in den Jahresfinanzberichten hat sich als sehr zeitintensiv erwiesen. Die Anzahl der Elemente der ESRS-Taxonomie, die verpflichtend anzuwenden sind, ist im Vergleich zur finanziellen Berichterstattung nochmals deutlich höher. Dementsprechend ist mit einem mindestens, wahrscheinlich aber deutlich höheren Zeitaufwand für die Umsetzung des Taggings und der darauffolgenden Prüfung zu rechnen. Die richtige Vorbereitung und Integration in die Abschlussprozesse sind somit essenziell für eine erfolgreiche Umsetzung.
  • Die ESRS-Taxonomie ist sehr umfassend angelegt, sodass die Emittenten möglichst wenige Erweiterungselemente (individuelle Ergänzungen) zur Taxonomie hinzufügen müssen. Dies bedeutet allerdings auch, dass die Auswahl an potenziell anwendbaren Tags noch größer ist und die Erstellung des Mappings (Zuordnung der Taxonomie-Elemente zu den Berichtselementen) somit gleichermaßen komplexer wird.
  • Die Erfahrung hat gezeigt, dass es zwischen verschiedenen Anwendern und verschiedenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften immer wieder unterschiedliche Interpretationen der Taxonomieelemente gibt.  Die rechtzeitige Abstimmung zwischen Ersteller und Prüfer ist daher ausschlaggebend für eine erfolgreiche Umsetzung der Anforderungen. Wir empfehlen das erstmalige Taggen des Nachhaltigkeitsberichts unbedingt an einem Probebericht durchzuführen („Onboarding“) und möglichst vor der Jahresabschlussphase mit dem Prüfer abzustimmen. Es hat sich herausgestellt, dass dies Prüfungsdiskussionen in der „heißen” Abschlussphase nahezu vermeidet.
  • ESEF für die Finanzberichterstattung wurde auf bestehende Berichte angewendet, die bereits seit Jahren ohne Berücksichtigung einer möglichen Tagging-Pflicht erstellt wurden. Da die erstmalige Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung mit der ESEF-Pflicht zeitlich einhergeht, besteht die einmalige Chance, den Bericht möglichst „tag-ready“ zu erstellen.
  • Der Einsatz einer geeigneten Softwarelösung für die Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts im ESEF-Format ist entscheidend für die Erstellung eines technisch validen Berichts. Die digitalen Tags können nur mit einer entsprechenden Software hinterlegt werden. Die richtige Software oder mögliche Erweiterungen bestehender Softwarelösungen sollten rechtzeitig ausgewählt werden.
  • Viele kleinere und mittelgroße Unternehmen mit Kapitalmarktnotierung greifen für die technische Umsetzung der ESEF-Anforderungen auf spezialisierte Dienstleister zurück. Ein geeigneter Partner sollte rechtzeitig gesucht werden, um sicherzustellen, dass beide Seiten ausreichend Kapazitäten für eine erfolgreiche Umsetzung der Anforderungen zur Verfügung stellen können.

 

Ausblick zur Gesetzeslage – Ist der Zeitpunkt der Erstanwendung in Stein gemeißelt?

Die Pflicht zur Erstellung und anschließenden Veröffentlichung im ESEF-Format tritt nicht für alle Unternehmen gleichzeitig in Kraft.

Kapitalmarktorientierte Unternehmen haben den Nachhaltigkeitsbericht mit der zusätzlichen Offenlegung im ESEF-Berichtsformat für Geschäftsjahre zu erstellen, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen. Zu den kapitalmarktorientierten Unternehmen gehören alle Unternehmen, die an einer europäischen Börse gelistet sind. Dies schließt auch außereuropäischen Unternehmen mit einem Listing an einer europäischen Börse ein.

Große Kapitalgesellschaften haben den Nachhaltigkeitsbericht für Geschäftsjahre zu erstellen, welche am oder nach dem 01.01.2025 beginnen. Als große Kapitalgesellschaften gelten Unternehmen, welche mindestens zwei der folgenden drei Merkmale überschreiten:

Plicht Erstellung Nachhaltigkeitsbericht Große Kapitalgesellschaften

Das Tagging des Nachhaltigkeitsberichts basiert auf der von der EFRAG entwickelten Taxonomie. Die Taxonomie als offizielle Grundlage für das Tagging befindet sich derzeit in der Entwicklung. Im Februar 2024 wurde ein Entwurf der Taxonomie von der EFRAG veröffentlicht und zur Konsultation freigegeben. Zum jetzigen Zeitpunkt steht somit noch keine finale ESRS-Taxonomie fest.

Da die aktuelle Gesetzeslage noch sehr dynamisch ist, bestehen derzeit viele Unsicherheiten, inwieweit die Anforderungen an die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2024 beginnen, überhaupt erfüllt werden können.

Verschiedene Gremien haben bereits in ihren Konsultationen zum Entwurf der ESRS-Taxonomie Bedenken geäußert, ob ein phasenweises Vorgehen oder sogar eine vollständige Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts ein sinnvollerer Ansatz wäre. 

So schreibt Georg Lanfermann, Präsident des Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC), folgendes:

"Unternehmen, die zum ersten Mal einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen müssen, sollten nicht verpflichtet sein, alle Tagging-Regeln in ihrem ersten Berichtsjahr anzuwenden. Stattdessen sollten solche Unternehmen in ihren ersten Berichtsjahren nur einen Teil ihrer Informationen kennzeichnen müssen. Ein solcher Ansatz hat sich bereits bei der bisherigen Anwendung der ESEF-Verordnung bewährt."

 

Auch das Deutsche Aktieninstitut (DAI) schreibt in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zum CSRD-Umsetzungsgesetz folgendes:

"Selbst wenn es gelingt, die finale XBRL-Taxonomie und die dann geänderte ESEF-Verordnung noch in diesem Jahr zu veröffentlichen, ist deren Anwendung bereits auf das laufende Geschäftsjahr organisatorisch durch die Unternehmen nicht zu bewerkstelligen. Da ein zeitlicher Vorlauf zur Planung und Umsetzung der ESEF-Anforderungen notwendig ist, sollte das XBRL-Tagging erst ab den Jahren 2026 verpflichtend sein."

 

Die gesetzlichen Vorgaben zur Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts sowie die Pflicht zur Veröffentlichung im ESEF-Berichtsformat ist von nun an stets zu beobachten, um sich bestmöglich auf die neuen Anforderungen vorbereiten zu können.  Wir halten Sie in dieser Lucanet Blog-Serie auf dem Laufenden.

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    Jelmer Nutma

    Senior Manager, PAS Financial Advisory GmbH

    Jelmer Nutma ist Senior Manager bei der PAS Financial Advisory GmbH und Experte in der finanziellen und nichtfinanziellen Berichterstattung nach ESEF.

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    Mirjam Schuchardt

    Senior Consultant, PAS Financial Advisory GmbH

    Mirjam Schuchardt ist Senior Consultant bei der PAS Financial Advisory GmbH und Expertin in der finanziellen und nichtfinanziellen Berichterstattung nach ESEF.