Folgekonsolidierung: Wie Sie die Vorbereitung richtig angehen!

Veröffentlicht 29. Apr. 2024  | 6 Min. Lesezeit
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    Prof. Dr. Karin Breidenbach

In einem Konzernabschluss müssen die Jahresabschlusspositionen der Konzernunternehmen so in der Konzernbilanz und -GuV aufgeführt werden, als hätte der Konzern als Einheit die Vermögensgegenstände erworben und genutzt, Produkte hergestellt und verkauft, Kapital aufgenommen, Zinsen gezahlt usw. Dies resultiert aus dem Grundsatz der Fiktion der rechtlichen Einheit des Konzerns.

 

Basis Erstkonsolidierung

Dementsprechend wird für die Erstkonsolidierung eines Tochterunternehmens angenommen, dass der Konzern die Vermögensgegenstände und Schulden des Tochterunternehmens einzeln erwirbt: alle Vermögensgegenstände und Schulden, die durch den Erwerb der Anteile implizit erworben wurden (Einzelerwerbsfiktion), müssen angesetzt und mit ihrem beizulegenden Zeitwert bewertet werden (Erstellung einer Handelsbilanz III, HB III). Hierdurch werden stille Reserven und stille Lasten aufgedeckt und das Eigenkapital des Tochterunternehmens wird erhöht (oder in sehr seltenen Fällen verringert, wenn die stillen Lasten überwiegen). Das auf diese Weise neubewertete Eigenkapital wird in dem Umfang, in dem es auf die Anteile entfällt, die ein Konzernunternehmen erworben hat, mit diesen verrechnet (Kapitalkonsolidierung gem. § 301 Abs. 1 HGB). Der Restbetrag des neubewerteten Eigenkapitals (= Anteil der Minderheitsgesellschafter des Tochterunternehmens) wird in die Position „Nicht beherrschende Anteile“ umgebucht. Ein Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung wird entweder als Geschäfts- oder Firmenwert (GoF) aktiviert oder als passiver Unterschiedsbetrag passiviert.

 

Praxisbeispiel Erstkonsolidierung

Mutterunternehmen MU erwirbt zum 1.7.00 80 % der Anteile an Tochterunternehmen TU für 90 Mio. €. Nach der Neubewertung der Vermögensgegenstände im Rahmen der Erstellung der HB III beträgt das Eigenkapital von TU 100 Mio. €. Auf die Anteile von MU an TU entfallen 80 % von 100 Mio. € = 80 Mio. €. Die Anschaffungskosten der Anteile übersteigen das darin verbriefte neubewertete Eigenkapital im Zeitpunkt der Erstkonsolidierung um 90 Mio. € - 80 Mio. € = 10 Mio. €, somit besteht ein GoF von 10 Mio. €, der als immaterieller Vermögensgegenstand des Anlagevermögens bilanziert wird.  

20 % der Anteile an TU werden von konzernexternen Gesellschaftern gehalten, die TU nicht beherrschen. Das neubewertete Eigenkapital, das auf diese Anteile entfällt – hier: 20 % von 100 Mio. € = 20 Mio. € - wird in die Position „Nicht beherrschende Anteile“ umgebucht, die Bestandteil des Konzerneigenkapitals ist.

 

Exkurs: Vorgehen nach der Full-Goodwill-Methode

Nach IFRS ist eine weitere Methode der Kapitalkonsolidierung zulässig (Wahlrecht): die sogenannte „Full-Goodwill-Methode“, bei deren Anwendung die Anteile der nicht beherrschenden Gesellschafter des Tochterunternehmens nicht mit dem auf sie entfallenden neubewerteten Eigenkapital, sondern mit ihrem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) bewertet werden. Während bei der oben beschriebenen Vorgehensweise nur der Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung bilanziert wird, der auf die Anteile des Mutterunternehmens an dem Tochterunternehmen entfällt, enthält der nach der Full-Goodwill-Methode ermittelte Unterschiedsbetrag auch den Anteil der nicht beherrschenden Gesellschafter, im Falle eines positiven Unterschiedsbetrags also den vollständigen GoF („full goodwill“). Im Folgenden wird die Bilanzierung nach der Full-Goodwill-Methode nicht näher betrachtet, da sie für einen Konzernabschluss nach HGB nicht zulässig ist.

 

Aufgabe der Folgekonsolidierung

Durch die Konsolidierung werden im Konzernabschluss nicht die Anteile des Mutterunternehmens an dem Tochterunternehmen, sondern die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden des Tochterunternehmens in voller Höhe und der Anteil von Konzernexternen an dem Nettovermögen des Tochterunternehmens bilanziert. In den auf die Erstkonsolidierung folgenden Abschlüssen müssen die Vermögensgegenstände und Schulden des Tochterunternehmens so dargestellt werden, als wären sie vom Konzern erworben bzw. aufgenommen worden (= Konzernsicht, Perspektive des Konzerns). Dies zu gewährleisten, ist Aufgabe der Folgekonsolidierung. Problem hierbei: Normalerweise gibt es keine Konzernbuchhaltung, in der die Entwicklung der Positionen des Konzernabschlusses erfasst wird. Im Folgenden wird nur die Folge-Kapitalkonsolidierung betrachtet.

 

Bevor es richtig losgeht: Saldovorträge erstellen

Der Konzernabschluss wird durch die Zusammenfassung der Einzelabschlüsse des Mutterunternehmens und der Tochterunternehmen erstellt. Die Einzelabschlüsse spiegeln die Perspektive der rechtlich selbständigen Unternehmen wider. Zur Herstellung der Perspektive des Konzerns sind in den Geschäftsjahren nach der Erstkonsolidierung mehrere Schritte (Folgekonsolidierung) notwendig:

  • Anpassung der Einzelabschlüsse an die Perspektive des Konzerns: Erstellung der HB III
  • Wiederholung der Erstkonsolidierung
  • Fortschreibung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung
  • Fortführung der nicht beherrschenden Anteile

 

Sowohl für die Erstellung der HB III als auch für die Folgebilanzierung der Unterschiedsbeträge aus der Kapitalkonsolidierung und der nicht beherrschenden Anteile müssen die Positionen, die von den Einzelabschlüssen abweichen, dem letzten Konzernabschluss entsprechend wieder angesetzt bzw. angepasst werden, d. h.: die Salden müssen vorgetragen werden.

 

Erstellung der Handelsbilanz III

In den an die konzerneinheitlichen Ansatz- und Bewertungsmethoden angepassten Einzelabschlüssen der Tochterunternehmen (Handelsbilanzen II, HB II) müssen die zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung aufgedeckten stillen Reserven und stillen Lasten wieder eingebucht und so fortgeführt werden, dass die Vermögensgegenstände und Schulden so bilanziert werden, als hätte der Konzern diese Positionen zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung erworben. Hierdurch wird zum einen das Eigenkapital des Tochterunternehmens wieder um den Neubewertungsbetrag verändert, der bei der Wiederholung der Erstkonsolidierung im Rahmen der Kapitalkonsolidierung zu berücksichtigen ist. Zum anderen werden das Konzerneigenkapital und das Konzernergebnis entsprechend der Zugehörigkeit der Vermögensgegenstände und Schulden zum Konzern ausgewiesen.

 

Ergänzung des Praxisbeispiels und Fortführung

Tochterunternehmen TU wird zum 1.7.00 erworben. TU hat eine Marke aufgebaut, die im Einzelabschluss nicht aktiviert werden darf (§ 248 Abs. 2 Satz 2 HGB). Mutterunternehmen MU misst der Marke zum 1.7.00 einen Zeitwert von 8 Mio. € bei und schätzt die voraussichtliche Restnutzungsdauer auf 20 Jahre. Für die Erstkonsolidierung wird im Rahmen der Erstellung der HB III die Marke mit 8 Mio. € aktiviert und das Eigenkapital um 8 Mio. € (bei Vernachlässigung latenter Steuern) erhöht. Für die Erstellung des Konzernabschlusses zum 31.12.00 muss die Marke in der HB III wieder aktiviert und das Eigenkapital entsprechend erhöht werden. Ferner muss die Marke anteilig für 6 Monate mit 8 Mio. € / 20 * 6/12 = 0,2 Mio. € abgeschrieben werden. Dadurch wird die Marke im Konzernabschluss mit dem aus Konzernsicht richtigen Buchwert von 7,8 Mio. € ausgewiesen und das Konzernergebnis um die Abschreibung von 0,2 Mio. € verringert. In den Folgejahren ist stets der Restbuchwert der Marke aus dem vorangegangenen Konzernabschluss einzubuchen und weiter abzuschreiben, das Eigenkapital um denselben Betrag zu erhöhen wie im Zeitpunkt der Erstkonsolidierung und die Gewinnrücklagen bzw. der Ergebnisvortag um die kumulierten Ergebniswirkungen der Abschreibungen aus den Vorjahren zu korrigieren (Saldovortrag).

 

Wiederholung der Erstkonsolidierung und Fortschreibung des Unterschiedsbetrags aus der Kapitalkonsolidierung

Zunächst muss auch hier der „Zustand“ zu Beginn des Geschäftsjahres hergestellt werden. Hierfür wird die Erstkonsolidierung wiederholt: die Anschaffungskosten der Anteile an dem Tochterunternehmen werden mit dem darauf entfallenden Anteil an dem neubewerteten Eigenkapital aus dem Zeitpunkt der Erstkonsolidierung verrechnet und der Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung wird eingestellt. Ferner wird der Anteil der anderen Gesellschafter an dem Eigenkapital des Tochterunternehmens in die Position „Nicht beherrschende Anteile“ umgebucht.

 

Fortführung des Praxisbeispiels

Für den Konzernabschluss zum 31.12.00 von MU ist die Erstkonsolidierung zu wiederholen und der GoF in einem Konzernabschluss nach HGB planmäßig abzuschreiben. Unter der Annahme einer voraussichtlichen Nutzungsdauer von 10 Jahren ergibt sich für das Geschäftsjahr 00 eine Abschreibung von 10 Mio. € / 10 * 6/12 = 0,5 Mio. € und ein Restbuchwert des GoF von 9,5 Mio. €.

Zu den Abschlussstichtagen in den folgenden Jahren ist für den Konzernabschluss jeweils die Erstkonsolidierung zu wiederholen, der GoF mit dem um die Abschreibungen der Vorperioden verminderten Betrag einzustellen und die Gewinnrücklagen bzw. der Ergebnisvortrag um die Abschreibungen der Vorperioden zu verringern (Saldovortrag). Für den 31.12.01 bedeutet dies, dass neben der Verrechnung der Anschaffungskosten der Anteile mit dem darauf entfallenden neubewerteten Eigenkapital aus dem Erstkonsolidierungszeitpunkt der GoF mit 9,5 Mio. € einzubuchen und die Gewinnrücklagen / der Ergebnisvortrag um 0,5 Mio. € zu mindern sind. Erst dann wird der GoF für ein Jahr um 1 Mio. € abgeschrieben.

Die Fortführung der Unterschiedsbeträge aus der Kapitalkonsolidierung ist eine eigenständige, umfangreiche Fragestellung. In einem Konzernabschluss nach HGB ist ein GoF gemäß § 309 Abs. 1 i.V.m. §§ 246 Abs. 4, 253 Abs. 3 HGB planmäßig abzuschreiben und bei voraussichtlich dauerhafter Wertminderung außerplanmäßig abzuwerten. Nach IFRS gilt der impairment-only-approach: der GoF wird lediglich außerplanmäßig abgeschrieben, falls eine Wertminderung vorliegt. Dementsprechend sind alle GoF mindestens ein Mal jährlich einem Wertminderungstest (impairment test) zu unterziehen.

 

Fortführung der nicht beherrschenden Anteile

In den Perioden nach der erstmaligen Konsolidierung ist der Anteil konzernexterner Gesellschafter von Tochterunternehmen gemäß der Entwicklung des Nettovermögens des jeweiligen Tochterunternehmens in der Position „Nicht beherrschende Anteile“ fortzuführen. Hierzu werden die Anteile der nicht-beherrschenden Gesellschafter an dem Ergebnisbeitrag des Tochterunternehmens zum Konzernergebnis (= Ergebnis der HB III) in die Position „Nicht beherrschende Anteile“ umgebucht: die Ergebnisanteile aus Vorperioden aus dem Ergebnisvortrag / den Gewinnrücklagen (Saldovortrag), der Ergebnisanteile der Berichtsperiode aus dem Konzernjahresüberschuss / -fehlbetrag. In der GuV des Berichtsjahres wird im Anschluss an die Ergebnisermittlung ausgewiesen, welcher Betrag auf die Gesellschafter des Mutterunternehmens und welcher auf die nicht beherrschenden Gesellschafter von Tochterunternehmen entfällt.

Ausschüttungen von Tochterunternehmen verringern anteilig die nicht-beherrschenden Anteile. Im Gegenzug sind die Gewinnrücklagen / ist der Ergebnisvortrag um denselben Betrag zu erhöhen.

 

Fortführung des Praxisbeispiels

Im Rahmen der Wiederholung der Erstkonsolidierung zur Erstellung des Konzernabschlusses zum 31.12.00 von MU werden auch die nicht beherrschenden Anteile in Höhe von 20 Mio. € wieder eingestellt. Das Ergebnis im Einzelabschluss (HB I) und im angepassten Einzelabschluss (HB II) betrage 1 Mio. €, in der HB III nach Abschreibung der Marke (s. o.) 0,8 Mio. €. Der Anteil der nicht beherrschenden Gesellschafter an dem HB III - Ergebnis von TU in Höhe von 0,8 Mio. € * 20 % = 0,16 Mio. € wird aus der Gesamtkonzernergebnisposition in die Position „Nicht beherrschende Anteile“ umgebucht. Sichtbar wird dies im Eigenkapitalspiegel durch Aufteilung des Ergebnisses aus der GuV auf die Positionen (Konzern-) Gewinnrücklagen / Ergebnisvortrag und Nicht beherrschende Anteile.

Angenommen, TU hat im August 00 insgesamt 0,5 Mio. € an seine Gesellschafter ausgeschüttet. Dann haben die nicht beherrschenden Gesellschafter 0,5 Mio. € * 20 % = 0,1 Mio. € erhalten. Die Nicht beherrschenden Anteile sind dementsprechend um 0,1 Mio. € zu verringern. Im Konzernabschluss 00 des MU-Konzerns werden die Nicht beherrschenden Anteile mit 20 Mio. € (Anteil am neubewerteten Eigenkapital im Zeitpunkt der Erstkonsolidierung 1.7.00) + 0,16 Mio. € (anteiliges Ergebnis 00) – 0,1 Mio. € (anteilige Ausschüttung 00) = 20,06 Mio. € ausgewiesen. Dieser Betrag ist Ausgangspunkt für die Fortschreibung der Nicht beherrschenden Anteile im Geschäftsjahr 01. Das heißt, dass auch in dieser Position alle Veränderungen der Vorperioden vor Durchführung der Folgekonsolidierung nachvollzogen, also die Salden vorgetragen werden müssen.

 

Fazit zur Folgekonsolidierung

Vor jeder Folgekonsolidierung stehen die Saldenvorträge der Vorperiode. Je länger ein Tochterunternehmen voll konsolidiert wird, desto umfangreicher sind die Vorgänge in der Vergangenheit, die hierbei zu berücksichtigen sind.

 

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    Prof. Dr. Karin Breidenbach

    Prof. Dr. Karin Breidenbach ist Dozentin für nationale und internationale (Konzern-) Rechnungslegung an der Fachhochschule Dortmund. Praktische Erfahrung in der Rechnungslegung erwarb sie im externen Rechnungswesen eines Energieversorgungsunternehmens. Sie ist Mitglied der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft und der Prüfungskommission der Wirtschaftsprüferkammer. Prof. Dr. Breidenbach hat zahlreiche Beiträge zur Rechnungslegung veröffentlicht und ist Mitautorin eines Handbuchs zur Bilanzierung von Umsatzerlösen nach HGB und IFRS sowie eines Lehrbuchs zum handelsrechtlichen Jahresabschluss und eines für die integrierte Unternehmensplanung. Für das IFRS-Handbuch (Hrsg.: Carsten Theile) hat sie die Kommentierung des IFRS 15 verfasst.